Sie arbeiten im Bereich der mechanischen Metallbearbeitung? Dann haben Sie folgenden Satz sicherlich schonmal gehört: „Ui, der Kühlschmierstoff stinkt aber!“ Oder Sie haben selbst bemerkt, dass sich der Geruch auffällig geändert hat. In diesem Beitrag behandeln wir die Ursachen für den Geruch der, neben dem altbekannten mikrobiologischem Wachstum, noch weitere Gründe haben kann, wie z.B. chemische Reaktionen in Form von Verbrennung oder Hydrolyse.

Um dem Thema KSS-Geruch auf den Grund zu gehen bietet sich ein kurzer Exkurs an um festzustellen, wie wir eigentlich Riechen:

Exkurs

Die Riechschleimhaut eines Menschen befindet sich am Dach der Nasenhöhle und hat eine Fläche von insgesamt 5 cm². In ihr befinden sich etwa 20–30 Millionen Riechzellen, die etwa 400 verschiedene Rezeptoren tragen. Diese Rezeptoren sprechen auf spezielle chemische Eigenschaften von Molekülen an. Ob wir einen Geruch wahrnehmen und ob wir einen Geruch erkennen hängt davon ab, welche und wie viele Rezeptoren angesprochen werden. Dies hängt direkt von der Konzentration des Duftstoffes in der Luft ab. Einige Duftstoffe benötigen höhere Konzentrationen andere wiederum nimmt der Mensch bereits bei geringsten Konzentrationen war. Gerade einmal vier Mikrogramm des in Knoblauch enthaltenen Methylmercaptans in 106 m³ Luft – das entspricht einer Halle von 500 x 100 x 20 Metern- genügen, um bei uns die Empfindung „es riecht nach etwas“ hervorzurufen.

Gerüche können als unangenehm empfunden werden und teilweise Schutzreflexe wie den Würgereflex auslösen. Ob wir einen Geruch als unangenehm empfinden, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Konzentration des Duftstoffes

Bei vielen Stoffen hängt es von der Konzentration ab, ob sie als angenehm oder unangenehm wahrgenommen werden. Beispielsweise riecht Skatol, der Hauptverursacher des Geruchs von Kot, in geringen Konzentrationen angenehm für den Menschen und wird deswegen in geringen Teilen Parfüms beigemengt.

Erhalten gebliebene Schutzinstinkte

Um nichts Verdorbenes oder Giftiges zu essen, haben sich beim Menschen Schutzinstinkte entwickelt, die unter anderem mit Ekel auf Geruchsmoleküle von Verdorbenem und Giftigem reagieren. Verwesungsgerüche oder Gerüche durch bakterielle Zersetzung („gekippter“ Kühlschmierstoff stinkt) sind gute Beispiele als Auslöser für diesen Schutzinstinkt.

Erlernte Geruchswahrnehmung

Durch den engen Zusammenhang des Geruchssinnes mit dem limbischen System und dem Hypothalamus kann es trotz langer Intervalle zu konditionierten Reaktionen auf Geruchswahrnehmungen kommen, welche zuvor lediglich als neutral empfunden wurden. Diese Wahrnehmungen können sowohl positive, als auch negative Empfindungen auslösen je nach erlernter Kognition.

Eigengeruch des Kühlschmierstoffes

Kühlschmierstoffe (KSS) enthalten eine Vielzahl von Inhaltsstoffen. Darüber hinaus verändert sich ihre Zusammensetzung während des Gebrauchs u. a. durch die Bildung neuer Stoffe oder den Eintrag weiterer Stoffe von außen. Viele dieser Stoffe sind olfaktorisch (Geruch) wahrnehmbar. In der Regel werden diese neutral wahrgenommen, können jedoch entsprechend der erlernten Geruchwahrnehmung individuell als eher angenehm oder unangenehm wahrgenommen werden.
In der Praxis als Kühlschmierstofflieferant stellen wir oft fest, dass der Eigengeruch des KSS insbesondere bei einem Produktwechsel auffällt. Dies erklärt sich dadurch, dass der neue Geruch aufgrund fehlender Gewöhnung stärker wahrgenommen wird. Dieses Phänomen lässt in der Regel innerhalb der ersten Wochen sukzessive nach.

Verstärkte Wahrnehmung durch Verdunstung, Dampf- und Aerosolbildung

Mit steigender Temperatur verstärken sich, durch die thermodynamischen Gesetze, Effekte wie Verdunstung, Dampf- und Aerosolbildung. Damit steigt auch die Konzentration an Geruchsstoffen in der Atemluft an. Ein vorher als angenehm bzw. neutral empfundener Kühlschmierstoffgeruch, wird plötzlich als unangenehm und lästig empfunden. Gerade in den Sommermonaten ist folglich der Eigengeruch des KSS stärker wahrnehmbar. Zusätzlich beschleunigt die steigende Temperatur unter Umständen mikrobiologisches Wachstum und verschlechtert das Schaumverhalten des Kühlschmierstoffs.

Unsere Empfehlung: Sorgen Sie für gute Frischluftzufuhr am Arbeitsplatz. Achten Sie bei der Planung Ihrer Bearbeitungsmaschinen auf ausreichend dimensionierte KSS-Tanks, damit sich diese nicht so schnell erwärmen. Absauganlagen verringern die Exposition mit KSS-Aerosolen.

Minderschmierung

Wird Ihr eingesetzter Kühlschmierstoff den prozessbedingten Anforderungen an die Schmierwirkung nicht gerecht (ungeeigneter KSS oder zu geringe Konzentration), oder ist die KSS-Zuführung an die Bearbeitungszone unzureichend, können extreme Temperaturen erreicht werden und einzelne Bestandteile des Kühlschmierstoffes verbrennen.
Auf der einen Seite führt dies zu höherem Werkzeugverschleiß und unter Umständen zu einer verminderten Qualität des Werkstücks. Anderseits nehmen wir die Verbrennungsrückstände besonders stark wahr, was wiederum ein Grund für die Aussage: „Der Kühlschmierstoff stinkt!“ sein kann.

Unsere Empfehlung: Achten Sie bei der Zuführung des KSS auf eine optimale Ausrichtung, damit der KSS in die Bearbeitungszone kommt. Bei der Auswahl des KSS sind alle Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Was es dabei zu beachten gibt erfahren Sie hier: Die richtige Auswahl: Kühlschmier­stoffe für spezifische Anwendungen

Einschleppung von Hydraulikölen

Schwefelwasserstoff stinkt!

Gelangen zinkhaltige Hydrauliköle in eine Kühlschmierstoffemulsion, so kann in geringen Mengen Schwefelwasserstoffgas entstehen. Schwefelwasserstoff nehmen wir Menschen bereits in geringsten Mengen als sehr unangenehm – nach faulen Eiern riechend – wahr. Unser Schutzinstinkt warnt uns vor diesem Geruch, der unter anderem bei Fäulnis- und Verwesungsprozessen in der Natur vorkommt. Mit steigender Konzentration löst der Geruch bei vielen Menschen einen Würgereiz aus.

Unsere Empfehlung: Finden Sie Ölleckagen und stellen diese ab. Entfernen Sie das Fremdöl aus der Anlage, dies kann z.B. mittels Ölskimmer erfolgen.

Achtung! bei stechendem Knoblauch-/Fischgeruch

„Sag mal was hast du den gestern gegessen? – Ne das bin ich nicht, der KSS stinkt!“

Phosphin im KSS stinkt nicht nur!

Sphäroguss (GJS; alt GGG) enthält, anders als lamellarer Grauguss (GJL; als GG), Magnesium-Phosphor-Verbindungen. Diese Magnesiumphosphide können durch Hydrolyse leicht unter Phosphorwasserstoff- (Phosphin)- Entwicklung zersetzt werden. Phosphorwasserstoff ist ein sehr giftiges Gas, das einen stechenden Knoblauch-/ Fischgeruch aufweist.
Bei der Nasszerspanung von Sphäroguss sollte insbesondere auf Ansammlungen von Spänen geachtet werden. Die Späne sollten nicht in der Halle gelagert werden. Die Bearbeitungsmaschinen sollten eine Absaugvorrichtung aufweisen, welche die Abluft aus der Halle leitet. Die maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK-Wert) beträgt für Phosphin:

  • MAK[ml/m³]: 0,1
  • MAK[mg/m³]: 0,14

Erfreulich ist, dass die Geruchsschwelle mit 0,02-3 ppm sehr deutlich unter diesem MAK-Wert liegt und der Geruch uns frühzeitig warnt.

Unsere Empfehlung: Lagern sie Sphärogussspäne nicht offen in der Produktionshalle. Achten Sie auf möglichst trockene Späne. Eine gute Absaugung, idealerweise mit Abluft aus der Produktionshalle, sorgt für geringe Arbeitsplatz-Konzentrationen und Sicherheit.

Mikrobiologie

Als einer der häufigsten Gründe für Geruchsbelästigungen im Zusammenhang mit Kühlschmierstoffen ist mikrobielles Wachstum. In der Anwendung werden wassergemischte Kühlschmierstoffe zwangsläufig mit Mikroorganismen kontaminiert. Wir leben in keiner sterilen Welt und das ist auch gut so. Grundsätzlich hemmen wassermischbare Kühlschmierstoffe mikrobiologisches Wachstum. Kommt es jedoch aufgrund hoher Einträge von Mikroorganismen oder mangelnder KSS-Pflege/-Überwachung zu einem starken Wachstum der Mikroorganismen, bietet der KSS Ihnen gute Lebensbedingungen. Die schwach alkalisch eingestellten Emulsionen und Lösungen, die neben Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen auch anorganische Salze und Spurenelemente enthalten, bieten – insbesondere bei dem für die meisten Mikroorganismen optimalen Temperaturbereich von 20 bis 45 °C – gute Wachstumsbedingungen.

Die Mikroorganismen zersetzen einzelne Kühlschmierstoffkomponenten, was zu verminderter KSS-Funktionalität und einer erheblichen Verkürzung der Kühlschmierstoffstandzeit führen kann. Darüber hinaus können die Mikroorganismen selbst, ihre Stoffwechselprodukte sowie Reaktionsprodukte eine gesundheitliche Belastung für Beschäftigte darstellen. IFA-Praxishilfen: Kühlschmierstoffe – Lexikon: Mikroorganismen

Der üble „Montagsmorgengeruch“ resultiert auch aus diesen Stoffwechsel- und Reaktionsprodukten. Unter anderem fällt hier ebenfalls Schwefelwasserstoff an, welchen den fauligen Geruch verursacht. Zusätzlich fallen Säuren an, z.B. Essigsäure, diese sorgen für eine saure Note in der Nase und senkt den pH-Wert der KSS-Emulsion.

Unsere Empfehlung: Prüfen und Pflegen Sie Ihren Kühlschmierstoff regelmäßig. Achten Sie auf Einhaltung der Konzentration und vermeiden Sie Einfallstore für Mikrobiologie wie z.B. Speisereste im KSS oder nicht entferntes aufschwimmendes Fremdöl. Ziehen Sie bei einer starken Verkeimung Ihren KSS-Lieferanten zu Rate, wir helfen Ihnen gerne: Tel: 02166144010. Unter den entsprechenden Umständen ist auch der Einsatz eines Biozids zu empfehlen.

Mehr Infos zum Thema Bakterien im KSS finden Sie hier: Bakterien im Kühlschmierstoff

Fazit:

„Der Kühlschmierstoff stinkt!“ Das kann viele Ursachen haben, auch wenn Mikrobiologie oft die Ursache für die Geruchsbelästigung ist, sollten Sie die anderen Faktoren nicht außer Acht lassen. Im Zweifelsfall kontaktieren Sie uns gerne. Unsere Prozess-Spezialisten stehen Ihnen zur Seite und beraten Sie individuell. Vergessen Sie ebenfalls nicht unsere kostenlose KSS-Fibel herunterzuladen. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen zum Thema Kühlschmierstoffe kompakt zusammengefasst: KSS-Fibel
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